Ohr-Akupunktur während der Schwangerschaft

Im Interview erklärt Experte Dr. med. Ansgar Römer auf was man bei der Therapie besonders achten muss und warum die richtig angewendete Ohr-Akupunktur «bei normalen Schwangerschaften hilfreich und nebenwirkungsfrei» ist.

Interview: Sacha Ercolani

Herr Dr. Römer, wie gefährlich ist die Ohr-Akupunktur während der Schwangerschaft?
Dr. med. Ansgar Römer: Der Einstich bei der Ohr-Akupunktur ist deutlich schmerzhafter als bei der klassischen Körperakupunktur. Denn die Haut über dem Ohrknorpel ist dünn und sensibel. Richtig angewendet, ist die Ohr-Akupunktur während der Schwangerschaft aber ungefährlich. Wegen der Gefahr einer Ohrknorpel-Entzündung, müssen das Ohr und die Ohrmuschel vor dem Stechen der Einmal-Dauernadeln immer gründlich desinfiziert werden. Die sterilen Einmal-Dauernadeln bleiben dann rund 3 bis 7 Tage im Ohr. Wichtig: Wenn sich zu Hause z.B. Rötungen oder Schwellungen um einen Einstichspunkt bilden, müssen die Dauernadeln sofort entfernt werden.

Immer wieder liest man, dass es während der Schwangerschaft sogenannte «verbotene Punkte» gibt. Welche Punkte sind das?
Nein, die gibt es nicht und das wurde in einer Studie mit 5000 Patientinnen in der Universitätsklinik Mannheim nachgewiesen. Den Frauen hat man in allen Phasen der Schwangerschaft alle Punkte gestochen und es hat sich nie eine Gefährdung für Mutter oder das ungeborene Kind ergeben. Nie hat sich der Allgemeinzustand einer Schwangeren verschlechtert – egal welche Punkte man stach. Zu beachten gilt jedoch, dass bei einer Schwangerschaft die eh schon gefährdet ist, Akupunktur zur Verstärkung der Beschwerden führen kann. Daher sollte bei solchen Risiko-Schwangerschaften diese Therapieform nicht zum Einsatz kommen. Bei normalen Schwangerschaften ist Akupunktur oder Ohr-Akupunktur hilfreich und nebenwirkungsfrei.

Wie wirksam ist die Ohr-Akupunktur in der Schwangerschaft?
Das kommt ganz auf die Beschwerden an. Bei Übelkeit kombiniere ich Ohr-Akupunktur zum Beispiel mit der klassischen Körperakupunktur. Aber die Ohr-Akupunktur ist auf jeden Fall sehr wirkungsvoll und ich erlebe immer wieder, dass sich bei Patientinnen zum Beispiel bei Rückenschmerzen, die Schmerzen nur wenige Sekunden nach dem Einstich sofort lindern. Besonders geeignet ist Ohr-Akupunktur bei chronischen Schmerzen.

Sticht man bei der Ohr-Akupunktur beide Ohren?
Nein, bei Rechtshändern wird das linke Ohr behandelt und bei Linkshändern das rechte Ohr.

Anstelle der Nadeln werden bei der Ohr-Akupunktur auch Samenkörner eingesetzt. Wie wirksam sind diese?
Das stimmt. Diese kleinen Körner können in Ergänzung zu Nadeln angewandt werden und zu Hause selbst stimuliert werden. Dabei werden die Punkte täglich mehrmals – 3 bis 5 Mal für zirka 20 Sekunden – mit dem Finger vorsichtig massieret/stimuliert. Zu stark darf man jedoch nicht stimulieren, denn diese Körner können bei zu viel Druck - und Feuchtigkeitsbildung unter dem Pflaster - Entzündungen auslösen. Auch da gilt: Immer kontrollieren od sich Rötungen oder Schwellungen bilden. Ich persönlich finde die Wirkung mit der Nadel eindeutig wirkungsvoller, die Samenkörner sind nur zusätzlich.

Müssen bei der Ohr-Akupunktur mit Einmal-Dauernadeln beispielsweise bei der Behandlung von Schwangerschaftsübelkeit, immer mehrere Punkte (also eine Kombination) gestochen werden oder reicht auch schon ein gezielter Punkt zur Linderung der Probleme aus?
Nein, ein Punkt reicht meist nicht aus. Die Wirkung kommt aus der sorgfältig zusammengestellten Punktkombination, entsprechend der jeweiligen individuellen Situation. Kombination auch mit Körperakupunkturpunkten.


Dr. med. Ansgar Römer (1961) aus Westfalen beschäftigt sich seit 1985 intensiv mit der Akupunktur und Chinesischer Medizin. Er ist Facharzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Dank umfangreichen Studien- und Ausbildungsaufenthalten in China an verschiedenen Ausbildungszentren der chinesischen Medizin und geburtshilflich-gynäkologischen Abteilungen (u.a. in Peking, Shanghai, Xian, Hong Kong), gehört Dr. med. Römer in Europa zu den angesehensten Spezialisten auf diesem Gebiet. Er ist Berater des Deutschen Hebammenverband (DHV) und Leiter der Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung der HAA-Richtlinien, sowie Mitglied der Konsensgruppe Akupunktur zur Ausarbeitung der Leitlinie Akupunktur in Geburtshilfe und Gynäkologie für den Berufsverband der Frauenärzte und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Mitglied im Vorstand der AG Geburtshilfe der DGGG.




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